KLEINE TAFELN als situationsanalysen

Bitte beachten Sie, dass kleine Tafeln im Folgenden ganz spezifisch als umfassende Situationsanalysen benutzt werden, und das auf eine ganz bestimmte Weise. Es gibt noch viele andere (und traditionellere) Herangehensweisen an dieses Legesystem.



Inhaltsverzeichnis

1 Das Legemuster

2 Wann kleine Tafeln geeignet sind

3 Wie man mit kleinen Tafeln Situationen analysiert

4. Beispiellegung
a) ... für eine Situationsanalyse
b) ... für die Situationsanalyse einer Person



1. Das Legesystem

Für kleine Tafeln wird eine bestimme Anzahl an Karten - meistens 3x3 Karten - zu einem Rechteck ausgelegt:



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2. Wann kleine Tafeln geeignet sind:

Sie wollen eine bestimmte Situation umfassend analysieren.
Variante: Sie wollen die momentane Situation einer Person umfassend analysieren.
Hinweis: Wenn Sie eine klare Antwort auf eine ganz bestimmte Frage wünschen (z.B. "Was soll ich in Bezug auf X tun?"), ist eine Reihe (oder sogar ein Single) die bessere Wahl!

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3. Wie man mit kleinen Tafeln Situationen analysiert
Bedeutung der Positionen - und welche Karten man kombiniert

Der Kern: Die Karte im Zentrum der Tafel ist der Kernaspekt der Situation, nach der Sie gefragt haben. Sie zeigt Ihnen, worum sich alles dreht.
Zuerst wird der Kern für sich alleine gedeutet. Haben Sie mit Absicht eine Personenkarte als Kernkarte ausgewählt (siehe Variante unten), überspringen Sie diesen Schritt. Liegt eine Personenkarte zufällig im Zentrum, hat das Bedeutung und sollte interpretiert werden!

Variante: Sind Sie an Ihrer eigenen Situation oder der einer anderen Person interessiert, können Sie eine der Personenkarten bzw. die Wildcard als Ihre/deren Repräsentantin auswählen und vor dem Ziehen der restlichen Karten in die Mitte legen. Dies ermöglicht zusätzliche Deutungen beim Lesen der Reihen und Spalten.

Die Reihen funktionieren ein wenig wie drei voneinander unabhängige Dreierlegungen. Die mittlere Reihe modifiziert/spezifiziert den Kern. Die untere Reihe repräsentiert einen Aspekt der Situation, den die Fragestellerin kontrollieren kann - oder eine Art und Weise, auf die sie die Situation beeinflussen, manipulieren, steuern kann. Die obere Reihe steht für einen Aspekt, den die Fragestellerin nicht beeinflussen kann - oder eine Art und Weise, auf die sie auf die an sich unbeeinflussbare Situation reagieren kann.
In der mittleren Reihe kombinieren Sie von innen nach außen. Kombinieren Sie die beiden äußeren Karten mit dem Kern; beide spezifizieren diesen. Zusätzlich könnten Sie die Kombination der zwei äußeren Karten miteinander als Grund oder Fundament für den Kern lesen.
In der oberen und unteren Reihe kombinieren Sie auch von innen nach außen. Die mittlere Karte der jeweiligen Reihe zeigt das Thema dieser Reihe, die beiden äußeren Karten modifizieren/spezifizieren das Thema. Zusätzlich könnte man die beiden äußeren Karten jeweils miteinander kombinieren und diese Kombinationen als Gründe/Konsequenzen des Themas lesen.

Variante: Liegt eine Personenkarte im Zentrum der Tafel, beschreibt die mittlere Reihe diese Person. Die Karte, der die Person im Bild den Rücken zuwendet, zeigt etwas, das die Person zu wenig beachtet, oder das schwächer wird. Die Karte, zu der sie hinsieht, zeigt ein Charakteristikum, dem sie viel Aufmerksamkeit schenkt, oder das stärker wird. (Wildcard: Das, was stärker wird, liegt zur Rechten.) Die untere Reihe zeigt einen Aspekt der persönlichen Situation, den die Person kontrollieren kann - oder etwas, das sie tun kann –, und die obere Reihe etwas, das sie nicht kontrollieren kann - oder etwas, das mit ihr getan wird.

Die Spalten funktionieren ein wenig wie drei vertikale Dreierreihen. Jede Spalte repräsentiert eine Zeitphase. Die linke Spalte repräsentiert die Vergangenheit, die mittlere Spalte die Gegenwart und die rechte die Zukunft.

In jeder Spalte kombinieren Sie von innen nach außen. Die mittlere Karte jeder Spalte ist das Thema, die beiden äußeren Karten modifizieren/spezifizieren. Zusätzlich können Sie jeweils die beiden äußeren Karten kombinieren und diese Kombinationen als Gründe für oder Konsequenzen des Themas lesen.

Variante:Liegt eine Personenkarte im Zentrum der Tafel, bieten sich zwei Deutungsmöglichkeiten an:
a)Die mittlere Spalte ist die Gegenwart. Die Spalte, der die Person auf der Karte den Rücken zuwendet, ist die Vergangenheit, und die Spalte, zu der sie hinsieht, die Zukunft. (Wildcard: Die Zukunft ist zur Rechten.)
b) Die mittlere Spalte zeigt, was die Person hat. Die Spalte, von der sie wegsieht, zeigt, was sie vermeidet oder vermeiden möchte. Und die Spalte, zu der sie hinsieht, zeigt etwas, das sie haben/erreichen möchte. (Wildcard: was man möchte ist zur Rechten.)

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Tip: Es gibt weitere Techniken, die man auf kleine Tafeln anwenden kann. Ich persönlich verwende sie nicht, weil sie mir intuitiv/visuell nicht stimmig erscheinen, und weil sie die ohnehin bereits langatmigen kleinen Tafeln wirklich mühsam machen können. Wenn Sie interessiert sind, suchen Sie am besten online - zum Beispiel nach Möglichkeiten, die Eckkarten zu interpretieren.

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4. Beispiellegung

1) Beispiellegung für eine Situationsanalyse

Anliegen und Kontext: Vor zwei Monaten nahm der Fragesteller, C, einen neuen Job an. In diesem Job teilt er sich ein Büro mit drei Kollegen, mit denen er auch immer wieder langfristig an gemeinsamen Aufträgen arbeitet. Unglücklicherweise ist die Atsmosphäre zunehmend unangenehm. C hat das Gefühl, dass die Kollegen seinem Urteil nicht vertrauen; dass sie seinen Input nicht wertschätzen. Er hat keine Ahnung, warum das so ist, und er möchte, dass ihm die Karten helfen, das herauszufinden und ihm Ideen geben, wie er mit der Situation umgehen könnte.

Gezogene Karten:


Interpretation:

Der Kern: Das Haus scheint zuerst etwas seltsam als Kernantwort. Immerhin ging es C um ein deutlich nicht im Privatleben stattfindendes Problem, und außerdem ist der Job relativ neu, keineswegs vertraut. Als ich C meine Verwunderung so mitteile, sagt er sofort "Ja, der Job ist neu, aber das Problem ist mir vertraut!" Er erzählt, dass der Grund, warum er seinen alten Job verließ, genau der selbe war: sein Input wurde nicht gewertschätzt. Und dann fährt C fort, dass mangelnde Wertschätzung sich wie ein roter Faden durch sein ganzes Leben zieht - schon in seiner Kindheit habe sein Vater ihm gegenüber nie Interesse oder gar Stolz gezeigt. C wirkt zunehmend aufgebracht, sagt "Und jetzt passiert das schon wieder!" Das bringt mich auf einen Gedanken, den ich zuerst nur sehr zögerlich äußere. Normalerweise nehme ich FragestellerInnen nämlich beim Wort, zumindest zu Beginn. Wenn mir jemand sagt, er werde nicht gewertschätzt, dann gehe ich zumindest zu Beginn davon aus, dass das auch stimmt. Sehr zögernd frage ich aber nun C, ob er willig wäre, die Legung unter einem anderen Gesichtspunkt zu betrachten, nämlich: Dass es in der Realität gar nicht der Fall ist, dass er von seinen Kollegen nicht gewertschätzt wird. Dass er es nur schon seit seiner Kindheit so gewohnt ist, nicht gewertschätzt zu werden, dass er mangelnde Wertschätzung nun auch sieht, wo sie gar nicht da ist. Dass sein "sich nicht gewertschätzt fühlen" eine Angewohnheit von ihm selbst ist. C äußerst sowohl Interesse als auch starke Zweifel an diesem Zugang, sagt aber, er sei bereit, es zu probieren, solange es sich stimmig anfühlt.

Die Reihen:

Mittlere Reihe: Die mittlere Reihe im Gesamten scheint meine tentative Kernantwort auf mehrere Arten zu bestätigen. Die Kombination Haus+Wege schlägt vor dass C damit, dass er sich nicht gewertschätzt fühlt, eine bekannte Richtung eingeschlagen hat. Und die Kombination Haus+Sonne sagt, dass seine Vertrautheit mit mangelnder Wertschätzung es C sehr schwer macht, etwas anderes zu sehen - es scheint so offensichtflich für ihn. Wenn alles, wonach man Ausschau hält, mangelnde Wertschätzung ist, wird man sie auch finden. Die Kombination Wege+Sonne bestätigt, dass die Grundlage dafür, dass C sich (schon wieder) nicht wertgeschätzt fühlt darin liegt, dass er (schon wieder) die ihm offensichtlichste Perspektive auf seine Situation eingenommen hat.

Obere Reihe: Die obere Reihe könnte sagen, dass etwas, was C im Moment nicht kontrollieren kann, die Tatsache ist, dass die vertrauten destruktiven Gedanken immer wieder auftauchen (Rute). Damit kann er aber so umgehen dass er sich einen hoffnungsvolleren, positiveren Blick auf die Zukunft des Konflikts erlaubt (Rute+Sterne), und dass er es lernt, es früher zu merken, wenn er destruktiven Gedanken folgt bzw. diese schneller zu unterbrechen (Rute+Vögel).

Untere Reihe: Die untere Reihe sagt, dass C das Problem, sich schon wieder nicht gewertschätzt zu fühlen, gezielt verändern kann, indem er sich selbst und den anderen offener gegenübertritt, es lernt, nicht gleich alles zu definieren, einzuteilen, zu evaluieren (Wildcard). Insbesondere kann er es lernen, bestimmendes, selbstbewusstes Verhalten anderer weniger kategorisch zu werten (Wildcard+Bear). Denn vielleicht ist das, was er für nicht-wertschätzendes Verhalten hält, in Wahrheit nur klar aber durchaus respektvoll geäußerte andere Meinung. Wildcard+Schlüssel bestätigt das - ihre >> Kombination durch Verschmelzung sagt eindeutig, dass eine vorurteilsfreie, offene Grundhaltung nützlich wäre.

Die Spalten:

Die Spalten einer Kleinen Tafel interpretiere ich nicht immer. Manchmal ist es für das Anliegen der Legung nicht relevant, was die frühere und die spätere Phase der gegenwärtigen Situation war/sein könnte. In diesem Fall denke ich, dass es nützlich wäre zu wissen, wie sich das Problem entwickelt hat, und wie es vielleicht weitergehen könnte.

LInke Spalte: Die linke Spalte könnte sagen, dass C, bevor das Problem sich zeigte, davon ausging, dass dieser Job ganz anders sein würde (Wege). C stimmt diesem Vorschlag zu.
Die Kombination Wege+Sterne deutet an, dass C möglicherweise seinen neuen Job idealisierte - sich unrealistische Vorstellungen davon machte. C reagiert zuerst mit einem defensiven Gesichtsausdruck, sagt dann aber, dass er zwar nie dachte, seine Vorstellungen seien unrealistisch, dass er sich aber sehr wohl in Tagträumen darüber erging, wie großartig der neue Job verlaufen würde, wie sein neuer Chef und seine Kollegen ihm zuhören und seinen Input schätzen würden. Waren diese Tagträume, fragt er verunsichert, wirklich so idealistisch und unrealistisch? Ich sage ihm, dass ich das auch nicht wisse, dass aber sicher das Fokussieren auf eine ideale aber nicht reale Vorstellung es ihm schwierig machte, tatsächliche Wertschätzung zu erkennen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass er sie übersehen haben könnte, selbst wenn sie da war - einfach weil sie anders aussah, als er es sich eben in seinen Tagträumen ausmalte.
Die Kombination Wege+Bär lässt mich fragen, ob C es vielleicht zu Beginn, an dieser neuen Arbeitsstelle, versuchte, den Ton anzugeben, Entscheidungen mitzufällen -oder davon ausging, dass er dies tun würde. C nickt, etwas verschämt. Er gibt zu, dass das möglicherweise zu Beginn bereits Konflikte brachte, denn - wenn er so darüber nachdächte - es sei ihm durchaus bewusst, dass er sich zu Beginn eigentlich den anderen hätte unterordnen, ihrer Führung hätte folgen müssen. Denn selbst wenn ihn sein Arbeitsverhältnis mit den Kollegen auf die gleiche Stufe stellt, sei er ihnen ja doch aufgrund seiner mangelnden Vertrautheit mit der Firma eindeutig unterlegen gewesen. Ich frage C, ob er nun sehen könne, dass Wertschätzung in so einer Situation eben nicht so aussehen könne, dass man die meisten seiner Vorschläge sofort ungefragt umsetzen wolle - bzw. dass es nicht heißt, dass er nicht gewertschätzt wurde, nur weil man ihn vielleicht hinterfragt oder genauer beobachtet hätte - dass das einfach der Situation angemessen war. C ist nun sehr still und nachdenklich.

Mittlere Spalte: Das Grundthema von C's gegenwärtiger Situation, sein sich-nicht-wertgeschätzt-Fühlen, kam ja schon vor, als wir die Kernantwort der Legung interpretierten. C ist an einem vertrauten Punkt - er fühlt sich nicht wertgeschätzt. Während die Kombination Haus+Peitsche sagt, dass die gegenwärtige Situation relativ destruktiv ist, sagt die Kombination Haus+Wildcar aber auch, dass in der Situation doch etwas verborgen ist, das zu etwas unerwartetem führen könnte; dass noch nicht alles bestimmt ist.

Rechte Spalte: Die rechte spalte, als mögliche zukünftige Entwicklung, sieht sehr hell aus. Die Sonne sagt, dass Glück und Leichtigkeit, ein Gefühl von "mein Licht wird gesehen, es ist nicht unter dem Scheffel versteckt!", möglich sind. Sonne+Vögel sagt allerdings, dass dieses Glück aber wahrscheinlich relativ instabil sein wird - natürlich, denn C wird nicht auf einmal seine ganze Vergangenheit abstreifen können. Aber Sonne+Schlüssel schlagen doch vor, dass das Glück kein eingebildetes sein wird - weil es dann auftreten wird können, wenn C sein Herz und seinen Verstand öffnet, sich selbst befreit. Die Kombination Vögel+Schlüssel bestätigen das - GLück und Leichtigkeit werden dadurch möglich werden, dass C es lernt, sich schneller zu öffnen, es schneller anzunehmen, wenn ihm etwas Gutes - z.B. Wertschätzung in vielleicht ganz unerwarteten Formen - unterkommt.

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